Diese Informationen stellen keine Anlageberatung dar. Sie dienen ausschließlich Informationszwecken und sollten nicht als Grundlage für Investitionsentscheidungen verwendet werden.
Ticker: $Reach.OL
Price: 9,40 NOK
Wechselkurs: 1 NOK = 0,087 €
Shares outstanding fully diluted: 316.536.109
Market cap: 260 Mio. €
Enterprise value: 217 Mio €
Bewertung 2023
EV/EBITDA: 8,2
EV/FCF: 9,6
EV/Profit: 10,9
Bewertung 2024 Forecast
EV/EBITDA: 5,9
EV/FCF: 6,9
EV/Profit: 8,1
Vorwort
Während ich hier nun an meinem ersten Write-Up sitze, habe ich gemischte Gefühle. Einerseits freue ich mich riesig über die großartige Entwicklung meines Investments, andererseits sinkt die Relevanz dieses Write-Ups, da der Kurs in den letzten sechs Wochen seit der Idee um satte 44% gestiegen ist. Es ist, wie es ist.
Ich bitte zu beachten, dass alle Finanzzahlen des Unternehmens von norwegischen Kronen auf Euro umgerechnet wurden. Dadurch können Rundungsfehler auftreten, die meiner Meinung nach jedoch vernachlässigbar sind.
Unternehmensbeschreibung
Reach Subsea ist ein innovatives Unternehmen im Bereich Unterwassertechnik aus Norwegen, das von seinen Gründern geführt wird. Gegründet im Jahr 2008 und seit 2012 an der Börse gelistet, hat Reach Subsea mittlerweile weltweit Bürostandorte in Norwegen, Schweden, Großbritannien, Trinidad, Zypern, Saudi-Arabien, Australien und Singapur. Mit einem Team von 360 Mitarbeitern bietet das Unternehmen spezialisierte Dienstleistungen in den Bereichen Inspektion, Wartung und Installation von Unterwasserstrukturen sowie verschiedene Vermessungsarbeiten an.
Die meisten Dienstleistungen werden mit gemieteten Schiffen erbracht, auf denen sich die eigenen ROVs (ferngesteuerte Fahrzeuge) befinden. Ergänzend dazu baut Reach Subsea kontinuierlich seine Kapazitäten mit unbemannten Schiffen (USVs) aus, um den wachsenden Anforderungen und technologischen Fortschritten gerecht zu werden.
Ein klassisches und leichtverständliches Beispiel für erbrachte Leistungen ist der Auftrag von SSEN Transmission (2023). Reach Subsea wurde beauftragt, den 165 km langen und 500 m breiten Kabelkorridor für die HVDC Offshore-Übertragungsverbindung zwischen Spittal und Peterhead in Schottland zu vermessen.
Warum ist das Unternehmen interessant?
2020 trat Kåre Johannes Lie, CEO von 2012 bis 2014 und bis dahin Aufsichtsratsvorsitzender, von seinem Posten zurück und schied Mitte 2022 aus dem Board aus. In dieser Zeit gelang es Anders Onarheim, größter Investor seit der Gründung und Boardmitglied, mit Rachid Bendriss als neuem Aufsichtsratsvorsitzenden einen zweiten Sitz im Board zu besetzen. Ab diesem Zeitpunkt entschied sich Reach Subsea für eine M&A-Strategie und startete ein ambitioniertes Projekt, dessen Investitionssumme dem damaligen Marktwert des Unternehmens entsprach. Seitdem hat das Unternehmen seinen Umsatz fast verdreifacht.
Das Projekt Reach Remote umfasst die Entwicklung eines fernsteuerbaren, hochmodernen und unbemannten Schiffes, von denen man 2022 zwei Schiffe fertigstellen wollte. Mit diesen Schiffen und den dazugehörigen Tauchrobotern (ROVs) sollen vor allem im Vermessungsbereich kosteneffiziente Lösungen angeboten werden. Bis dahin arbeitete das Unternehmen ausschließlich mit Mietschiffen und konnte sich noch nicht als führend in der Vermessungstechnik bezeichnen, wie es heute der Fall ist. Mittlerweile, im Jahr 2024, ist ein Schiff fertiggestellt, und ein zweites wird in diesem Jahr folgen.
Die Robotisierung der Flotte soll neben den Reach Remote Schiffen auch mit Hilfe der kleineren ROVs der Drix Serie von iXBlue erfolgen. Seit April 2023 ist ein solches Modell im Einsatz, und kürzlich wurde angekündigt, ein weiteres Schiff in Betrieb zu nehmen
Durch geschickte Übernahmen konnte man sich die notwendigen Kompetenzen im Vermessungs-, Daten und Remotebereich hinzugewinnen.
Dieser Erfolg lässt sich sicherlich auch auf die Hinzunahme von Rachid Bendriss im Jahr 2020 zurückführen, der 18 Jahre Erfahrung im Investmentbanking mitbrachte. Er war bereits Jahre zuvor mit einem kleinen Anteil investiert und vertritt den damals größten Aktionär, die North Energy ASA (32% der Aktien im Jahr 2020).
Reach Remote - a unmanned surface vehicle
Das Reach Remote Projekt verdient besondere Erwähnung, auch wenn es bisher noch keine Umsätze generiert hat. Es ist die Quintessenz der Unternehmensentwicklung seit 2020 und bietet tiefe Einblicke in die Motivation hinter den Akquisitionen und den strategischen Entscheidungen der Shareholder.
Das Projekt umfasst die Konzeption eines vollelektrischen, unbemannten und ferngesteuerten Schiffs, das auch autonome Fähigkeiten besitzen soll. Dieses unbemannte Oberflächenfahrzeug (USV) ist vor allem für Vermessungs- und Inspektionsarbeiten gedacht und wird unter anderem mit einem vollelektrischen ROV (Zeerov, eine Neuentwicklung von 2023 durch Kystedesign) ausgestattet sein. Ziel ist es, die Kosten um 20-30% und die Emissionen um 90-100% im Vergleich zu herkömmlichen Schiffen zu reduzieren.
Ein erstes Schiff wurde Ende März 2024 fertiggestellt, ein weiteres soll im Laufe des Jahres folgen.
Das Projekt wurde 2021 in Zusammenarbeit mit Kongsberg Maritime und Massterly gestartet, einem Joint Venture von Kongsberg und Wilhelmsen, zwei etablierten Firmen im Schifffahrtsbereich. Massterly hat das Ziel, Schiffe autonom fahren zu lassen, und hat kürzlich ein Remote Operation Center fertiggestellt, von dem aus Reach Remote gesteuert werden kann. Im März 2024 wurde das erste von zwei Schiffen fertiggestellt, die Fertigstellung des zweiten wird noch in diesem Jahr erwartet.
Für die ersten Pilotprojekte konnte Reach Subsea einen Auftrag vom Energieversorger Equinor gewinnen, mit einem Start im Herbst 2024. Auch wenn das Projekt im Jahr 2024 noch nicht stark umsatzwirksam sein wird, hat sich das Unternehmen bereits Optionen für acht weitere Schiffe gesichert, sollte der Pilot erfolgreich verlaufen und der Marktzugang gelingen.
Für das Projekt, das zwei Schiffe umfasst, ist eine Investition von rund 37 Millionen Euro geplant. Bereits die Hälfte dieser Summe wurde in den Jahren 2022 und 2023 investiert. Die notwendige Finanzierung wurde unter anderem durch die Ausgabe von Aktien sichergestellt, wobei Wilhemsen New Energy AS 2022 zum größten Aktionär wurde (Investition von 13 Millionen Euro). Die restlichen 19 Millionen Euro werden größtenteils über Kreditfinanzierungen abgedeckt, circa 16 Millionen Euro davon.
Die Akquisitionen
März 2021 Übernahme Surveyor AS
Kaufpreise: 2 Mio. €
Umsatz 2021 (pro forma): 2,5 Mio. €
Net profit (pro forma): -0,5 Mio. €
Hauptmerkmal: Vermessungstechnik
Die Surveyor AS war ein Joint Venture zwischen MMT und Reach Subsea, jeweils zu 50% beteiligt. Nachdem MMT von Ocean Infinity aufgekauft wurde, konnte Reach Subsea die restlichen 50% von Surveyor AS übernehmen.
Im Rahmen dieses Joint Ventures entwickelte die Firma Kystdesign einen modernen Vermessungs-ROV, der seit 2015 insbesondere durch seine hohe Geschwindigkeit im Vergleich zu anderen ROVs überzeugt. Mit der Übernahme von Surveyor AS ist Reach Subsea nun Besitzer dieses leistungsstarken ROVs geworden.
Dezember 2021 Übernahme Octio Group
Kaufpreise: 2,8 Mio. €
Umsatz 2021 (pro forma): 3,5 Mio. €
Net profit (pro forma): -1,8 Mio. €
Hauptmerkmale: Vermessungstechnik und Standort Singapore
Durch die Übernahme von Octio konnte Reach Subsea seinen Vermessungs- und Inspektionsbereich erheblich ausbauen, insbesondere in der Datenbearbeitung. Octio hat sich vor allem auf die Untersuchung des Meeresbodens für Öl- und Gasunternehmen konzentriert, beispielsweise durch die Überwachung von Druckabfällen. Dabei konnte Reach Subsea wertvolles Know-how im Bereich der Mikroseismik erwerben, also der Überwachung von Minierdbeben. Die zugehörige 4D-Gravity-Technologie wird zukünftig auch zur Überwachung von CO2-Lagerstätten genutzt werden können. Erste Pilotprojekte in diesem Bereich wurden bereits erfolgreich durchgeführt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Übernahme ist der Gewinn von 30 speziell ausgebildeten Mitarbeitern, die unter anderem über umfangreiche Fähigkeiten in der Datenverarbeitung verfügen.
Interessanterweise war die Venture-Abteilung des Energieversorgers Equinor ebenfalls in Octio investiert. Equinor spielt auch bei dem Reach Remote Projekt als Kunde eine Rolle.
März 2022 Übernahme ISurvey Group AS
Kaufpreise: 12 Mio. € (Ausgabe 33,8 Mio. shares + 2,1 Mio. € Cash)
Umsatz 2022 (pro forma): 18,8 Mio. €
Net profit (pro forma): 2,2 Mio. €
Net profit multiple: 5,5
Hauptmerkmale: Vermessungs-, Remote- und Datenverarbeitungstechnik
Durch diese Übernahme konnte Reach Subsea den bislang fehlenden Bereich des internen Datenmanagements ergänzen und zusätzliche Datenverarbeitungskapazitäten ausbauen. ISurvey ist ein Asset-Light-Service-Provider mit Standorten in Norwegen, Großbritannien und Singapur. Darüber hinaus bringt ISurvey Rahmenverträge mit zwei Kabelanbietern, Nexans und NKT, mit.
ISurvey ist im gesamten Bereich der Vermessung und Inspektion tätig und erzielte 2021 40% seiner Umsätze mit Vermessungsarbeiten für Kabelrouten im Meer. Diese Übernahme stärkt Reach Subsea auch im Bereich der Remote-Techniken und des damit verbundenen Know-hows erheblich.
November 2023 Übernahme Guardian Geomatics
Kaufpreise: 10,3 Mio. € (Ausgabe 8,5 Mio. shares + 3,6 Mio. € Cash)
Umsatz 2022 (pro forma): 15,5 Mio. €
Net profit (pro forma): 1,7 Mio. €
Net profit multiple: 6,1
Hauptmerkmale: Vermessungstechnik und Zugang zu Australien
Die aktuell letzte Akquisition passt perfekt in die Strategie von Reach Subsea. Guardian Geomatics ist erneut eine Firma aus dem Vermessungsbereich und bietet zudem den Zugang zum australischen Markt.
Interessant ist auch, dass Guardian Geomatics 2022 eine Vereinbarung mit Ocius Technology abgeschlossen hat. Diese Vereinbarung sieht vor, dass Guardian Geomatics die Vermessungstechnik auf dem von Ocius entwickelten Solar USV installiert – ein deutlicher Bezug zum Reach Remote Projekt.
Management
Das Team von Reach Subsea besteht aus branchenerfahrenen Mitarbeitern. Zusammen halten alle C-Level Mitarbeiter 3,7% der Unternehmensaktien, wobei CEO Jostein Alendal 2,2% davon besitzt. Obwohl sein Anteil als Mitbegründer gering erscheinen mag, ist dies auf die Verwässerungen der letzten 12 Jahre zurückzuführen. Jostein Alendal hat bereits 1999 die Firma DeepOcean AS mitgegründet, die ebenfalls im Bereich der Meeresdienstleistungen tätig ist. Warum er 2008 aus dieser Firma ausgetreten ist und Reach Subsea gegründet hat, bleibt unklar. Fest steht jedoch, dass er über umfangreiche Erfahrungen in der Unternehmensgründung und im Subsea-Bereich verfügt.
Im Folgenden werden die Vitas der C-Level Mitarbeiter und ihre Verbindungen zu bereits erwähnten Subsea-Firmen kurz vorgestellt.
Jostein Alendal Chief Executive Officer
Jostein Alendal ist der Gründer von Reach Subsea AS und seit 2008 Business Development Manager und CEO des Unternehmens.
Ausbildung: Automation Engineer
Erfahrung: Technischer Manager und Mitgründer von DeepOcean mit Gruppenverantwortung für alle ROV-Operationen.
31 Jahre im Subsea-Bereich
Aktienbesitz: 2,1% durch JT Invest AS, 0,1% als natürliche Person
Birgitte W. Johansen Chief Financial Officer
Birgitte W. Johansen ist seit 2012 CFO bei Reach.
Ausbildung: The Blue MBA und Master of Business and Economics
Erfahrung: Account Manager bei BNP Paribas, Shipping Department. Analystin und Projektmanagerin bei Oceanlink Management. Relationship Manager bei SpareBank 1 SR-Bank, Energy and Maritime Department.
25 Jahre im Finanzbereich
Aktienbesitz: 0,1%
Bård Thuen Høgheim Chief Commercial Officer
Bård Høgheim ist seit 2014 CCO bei Reach.
Ausbildung: Master in Finance vom Imperial College Business School
Erfahrung: Project Broker im Subsea- und Erneuerbaren-Markt bei RS Platou sowie Erfahrung in der Offshore-Industrieanalyse.
17 Jahre im Subsea-Bereich
Aktienbesitz: 0,3%
Inge Grutle Chief Operations Officer
Inge Grutle ist seit 2012 COO bei Reach.
Ausbildung: Master of Science in Marine and Subsea Technology
Erfahrung: IMR Engineering Manager und Business Development bei DeepOcean sowie Erfahrung in der Planung und Durchführung von Offshore- und Subsea-Operationen.
17 Jahre im Subsea-Bereich
Aktienbesitz: 10.000 Aktien (~ 0,005%), INVICTA INVEST mit 0,4%
Audun Brandtzæg Chief Technology Officer
Audun Brandtzæg ist seit 2023 CTO bei Reach.
Ausbildung: Bauingenieur / Vermessungsingenieur
Erfahrung: Offshore / Senior Surveyor, Reporting Manager bei Stolt Comex Seaway, Head of Survey bei DeepOcean, Asset Manager / Projektmanager / Survey verantwortlich bei Gassco, Pool Director JV MMT / Reach, Global Operation Director bei Ocean Infinity.
34 Jahre im Subsea-Bereich
Aktienbesitz: 0,1%
Board
Das Board von Reach Subsea repräsentiert als Vertreter verschiedener Shareholder insgesamt 51% aller Aktien, wobei etwa 8% im persönlichen Besitz der Boardmitglieder liegen. Von den sieben Boardmitgliedern verfügen fünf über umfassende Erfahrungen im Meeresbereich, während zwei Mitglieder im Kapitalmarkt versiert sind.
Das derzeit am längsten dienende Boardmitglied, Anders Onarheim, ist seit der Börsennotierung im Jahr 2012 dabei und vertritt den damaligen größten Shareholder, die North Energy ASA. Der 2020 als Chairman hinzugekommene Rachid Bendriss ist der CEO von North Energy ASA.
Auch erwähnenswert ist die Ernennung von Espen Gjerde als Boardmitglied im Jahr 2022. Espen Gjerde ist Senior Vice President von Wilhelmsen New Energy AS, einem wichtigen Partner im Reach Remote Projekt. Wilhelmsen New Energy AS wurde 2022 mit 46 Millionen Aktien (21% von Reach Subsea) und Optionen auf weitere 45 Millionen Aktien zum größten Shareholder von Reach Subsea.
Insgesamt ist die Hälfte der Boardmitglieder seit vier oder weniger Jahren im Amt, was die Dynamik und Erneuerung im Board verdeutlicht.
Die Finanzen
Wie bereits erwähnt, konnte Reach Subsea seine Umsätze in den letzten zwei Jahren deutlich steigern. Das Unternehmen wuchs jährlich um etwa 70%. Dem Management scheint die Integration der Akquisitionen, die sowohl inhaltlich als auch geografisch ergänzend sind, sehr gut gelungen zu sein. Im ersten Quartal 2024 gelang es Reach Subsea erstmals seit drei Jahren, die Saisonalität des Geschäfts durch fortschreitende geografische Expansion zu überwinden. Während man sonst von Q4 auf Q1 mit etwa 30% weniger Umsatz rechnen musste, konnte nun ein Umsatzwachstum von 21,3% erzielt werden, wobei die Akquisition einer australischen Firma hierbei unterstützend gewirkt haben muss.
Subsea-Service Unternehmen wie TechnipFMC und Subsea 7 haben im letzten Jahr ebenfalls Umsatzzuwächse von 25% bzw. 12% verzeichnet, was auf einen allgemeinen Trend in der Branche hinweist.
Neben dem Umsatz konnte auch das EBITDA von 2021 bis 2023 um 166% gesteigert werden. Die EBITDA-Margen lagen 2021 bei 16,7%, 2022 bei 12% und 2023 bei 15,3%.
Der Cashflow im Jahr 2023 war vor allem durch Investitionen in die eigene Flotte und in das Reach Remote Projekt geprägt. Insgesamt hat das Unternehmen für das Projekt 37 Millionen Euro geplant, wobei etwa die Hälfte über Kredite finanziert wird. Im Jahr 2023 wurden bereits die Hälfte der Gesamtkosten aktiviert, sodass für das Geschäftsjahr 2024 ein ähnlich hoher CapEx zu erwarten ist. Diese Investitionen sollen jedoch größtenteils über Schulden finanziert werden, sodass bei einer Annahme einer gleichbleibenden Cashflow-Belastung das Umsatzwachstum direkten positiven Einfluss auf den Cashflow haben dürfte.
Beim Balancesheet ist zu erwähnen, dass alle Leasing- und Mietgeschäfte als Schulden deklariert werden. Dies führt dazu, dass Reach Subsea bei vielen Finanzkennzahlen deutlich höher verschuldet erscheint, als es tatsächlich der Fall ist. Bei der Berechnung des Enterprise Value wurden die Mietverpflichtungen entsprechend nicht berücksichtigt.
Aktuelle Bewertung
Die Firmenbewertung werde ich in drei Zeitfenster unterteilen, um eine bessere Einschätzung zu ermöglichen. Zunächst erfolgt eine Bewertung anhand der Geschäftsjahreszahlen 2023. Anschließend wird diese Bewertung als TTM (die letzten vier gemeldeten Quartale) aktualisiert. Schließlich erfolgt eine Bewertung für das Gesamtjahr 2024, wobei hier nur Q1 gemeldet ist und die weiteren Quartale unter Annahmen modelliert werden müssen. Das Management gibt generell keine konkreten Prognosen.
Forecast Modellierung 2024
Grundannahme Margen:
EBITDA Marge: 15%
FCF-Marge: 13%
Profit-Marge: 11%
Die Margen basieren auf den erzielten Werten aus dem Geschäftsjahr 2023. Ich verwende diese Margen als konservativen Ansatz, da ich folgende Punkte als potenzielle Verbesserungen sehe:
Erhöhung des Ausschreibungsvolumens von 234 Millionen Euro im Q1 2023 auf 870 Millionen Euro
Vermehrter Einsatz von Remote-Technik
Verringerung der Saisonalität
Downside - Risiko Annahme
Diese Annahme basiert auf gemeldeten Informationen. Wenn man nur die getätigten Aussagen berücksichtigt, ohne zusätzliches Wachstum oder andere Effekte, ergibt sich für das Jahr 2024 ein Jahresumsatz von 173,75 Millionen Euro:
Gemeldeter Umsatz Q1 2024: 50 Millionen Euro
Aussage im Call: Q1 Backlog ist größtenteils umsatzwirksam im Jahr 2024: 102 Millionen Euro
Nachricht vom 04.06.2024 zum erweiterten Backlog (Annahme, dass 50% davon umsatzrelevant sind): 21,75 Millionen Euro
Modellierung gemäß Screener – Analystenerwartung
Im Screener von Tradingview wird ein Umsatzwachstum von 34% erwartet. Dies erscheint plausibel, da Reach Subsea in den Jahren 2022 und 2023 u.a. durch Akquisitionen ein Wachstum von 70% erzielte. Laut Management waren davon 37% organisches Wachstum im Jahr 2022. Man könnte annehmen, dass das Wachstum von 70% im Jahr 2023 ebenfalls 37% organisches Wachstum beinhaltet. Angesichts des Zeitraums der Akquisitionen im Jahr 2023 könnte man sogar von einem höheren organischen Wachstum ausgehen. Für die Umsatzerwartung für 2024 wird jedoch konservativ ein Wachstum von 34% angenommen. Die Umsatzprognose liegt daher in diesem Szenario bei 233 Millionen Euro.
Modellierung anhand des Backlogs
In den Jahren 2022 und 2023 wurden über 60% des kumulierten Jahresbacklogs in Umsatz umgewandelt, während es 2021 noch 92% waren. Die Modellierung des Backlogs ist generell schwierig, da er in der Regel wächst, aber auch stärkeren Schwankungen unterliegt. Für diese Annahme wird der erzielte Backlog von Q1 auf das gesamte Jahr hochgerechnet und mit einer Umsatzumwandlung von 65% modelliert. Dies ergibt einen prognostizierten Jahresumsatz von 293,8 Millionen Euro.
Modellierung anhand der verfügbaren Schiffe
Diese Methode ist zwar eine der ungenaueren, jedoch stellt sie die Frage, ob das Unternehmen in der Lage ist, die geplanten Umsätze zu erzielen.
Im Q1 wurden 481 Schiffstage bei 8 Schiffen verkauft, was bedeutet, dass jedes Schiff 60 Tage pro Quartal „tätig“ war. Angesichts einer gewissen Saisonalität wird von besseren Auslastungen in den folgenden Quartalen ausgegangen. Für Q2 werden weiterhin 8 Schiffe a 65 Tage und ab Q3 10 Schiffe (Reach Remote und Northern Maria) a 65 Tage angenommen. Daraus ergibt sich eine Gesamtzahl von 2.301 Schiffstagen für das Jahr (Q1 481 Schiffstage, Q2 520 Schiffstage, Q3 650 Schiffstage, Q4 650 Schiffstage).
Im Durchschnitt wird ein Umsatz von 0,1 Millionen Euro pro Schiffstag erreicht, wodurch sich eine Umsatzprognose von 230,1 Millionen Euro ergibt.
Modellierung anhand der verfügbaren Ausschreibungen
Im Q1 2023 lagen die verfügbaren Ausschreibungen bei 234 Millionen Euro und sind nun stark auf 870 Millionen Euro gestiegen (Stand: 08.05.2024). Im Jahr 2023 konnte aus den anfänglichen 234 Millionen Euro Ausschreibungen ein Backlog von über 270 Millionen Euro generiert werden. Es wird nicht davon ausgegangen, dass ein höherer Backlog als die aktuelle Ausschreibungshöhe erzielt werden kann.
In dieser Modellierung wird konservativ angenommen, dass nur 50% der verfügbaren Ausschreibungen in den Backlog einfließen. Weiterhin wird angenommen, dass von diesem Backlog wiederum nur 65% in Umsatz umgewandelt werden. Dies ergibt eine Jahresumsatzprognose von 283 Millionen Euro.
Zusammenfassung
Im folgenden Bild sind die Ergebnisse der Modellierungen zu sehen. Es lässt sich feststellen, dass Reach Subsea trotz des Kursanstiegs augenscheinlich nicht teuer bewertet ist.
Alle Umsatzmodellierungen, einschließlich der Downside-Modellierung, wurden in einem Kombinationsmodell zusammengefasst. Dabei ist zu erwähnen, dass diese Kombination auf meiner Meinung nach konservativen Annahmen basiert und dennoch leicht über den Analystenschätzungen von Tradingview liegt.
In Anbetracht der überschaubaren Bewertung im Vergleich zu einem größeren Konkurrenten wie Subsea 7 (Vergleich vom 15.07.2024: KGV von Subsea 7 bei 92 und KGV von Reach Subsea bei 11 laut Tradingview) sehe ich hier deutliche Upside-Potenziale.
Schlusswort
Was kann man nun mit all diesen Informationen anfangen? Einerseits könnte man annehmen, dass ein hochtechnologisiertes, schnell wachsendes Unternehmen im Nischensegment wie Reach Subsea irgendwann seine verdiente Multiple Expansion (z.B. EV/EBITDA von 12) erreicht und damit ein Upside von 100% bereithält.
Andererseits könnte man auch die nächsten Quartalszahlen abwarten und prüfen, ob die Modellierungen möglicherweise zu konservativ waren. In der Vergangenheit gab es genügend Zeit, um die neuen Zahlen zu analysieren. Ich gehe davon aus, dass Investoren auch diesmal ein paar Stunden, wenn nicht sogar Tage, zur Verfügung haben werden.
Man kann also sagen, dass dieser Case auch besonders gut geeignet ist, um ihn erstmal in der Schublade zu behalten.
Bei Fragen stehe ich gern im Kommentarbereich zur Verfügung und bedanke mich bei deiner Zeit :)
warum gehst du davon aus, dass es wieder etwas dauert, bis der Kurs auf die Daten reagiert?
Ohh ok, scheinbar ist das nicht ganz klar beschrieben. Im letzten Screenshot sieht man, dass es viele Tage gedauert hat, bis die letzten guten Q1 Zahlen im Kurs honoriert wurden. Daher die Annahme man könnte ggf. Zeit haben, wobei nun die letzte Dynamik der Kursbewegungen auch anderes vermuten lässt.